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Twilight Imperium 4. Edition: Meine ersten Schritte im 4x-Universum

  • Autorenbild: Chris
    Chris
  • 18. Juli
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Aug.

Ein Date mit Wanda Maximoff

Gestern war es also so weit: meine Reise durch die Welt der Brettspiele – beginnend im Stichspieltal, durch den Würfelprobenfluss, über das Workerplacement-Gebirge, hinab in die Social-Deduction-Sümpfe – führte endlich ans Ziel zum heiligen 4X-Gral, auch bekannt als Twilight Imperium 4. Edition. Angekommen im Mekka der Brettspielenden fühle ich mich nun vollends als Teil eines Ganzen. Nicht mehr nur ‚Micha, der Typ mit den ganzen Brettspielen im Schrank‘. Nein, von nun an kann ich stolz von mir sprechen als ‚Micha, der Brettspiel-Nerd‘.

Spielübersicht mit einem Spielplan, Tableaus, Kärtchen, Steinchen und mehr. Kann auf Brettspielneulinge sehr einschüchternd wirken: Twilight Imperium 4. Edition.
Spielübersicht. Kann auf Brettspielneulinge sehr einschüchternd wirken: Twilight Imperium 4. Edition. © Matt Sall, belloflostsouls.net

 

Twilight Imperium (in Folge abgekürzt mit TI4 für die 4. Edition) begegnet dem/der interessierten Brettspielenden zwangsläufig irgendwann im Laufe der Zeit und für mich persönlich wirkte es dabei immer, als sei es die Nonplusultra-Erfahrung, die ich wahrscheinlich nie machen würde. Gerade zu Beginn des Hobbys habe ich mich ja schon gefragt ‚wie sollte ich je 5 bis 7 Mitspielende finden, die einen ganzen Tag für ein Brettspiel entbehren können?‘. In meinem Freundeskreis jedenfalls nicht. Familie? No way. Fremde? Sozialängste sagen ‚nein‘.

Also schob ich diesen Wunsch, eines Tages TI4 mitspielen zu können, in die Tiefen meines Hirns, zu all den anderen Wünschen, die unwahrscheinlich bis unmöglich in Erfüllung zu gehen scheinen (Grüße gehen raus an Elizabeth Olsen – bin jederzeit für ein Kino-Date zu haben).

 

Die YOURBOARDGAMERS machen es möglich

Dass sich die Chancen mit dem Beitritt in den YOURBOARGAMERS-Discord-Server erhöhen würden, hätte mir bewusst sein können, aber da war ja immer noch meine Persönlichkeit mit all ihren Macken, weshalb der Wunsch weiterhin tief im Dunkeln warten musste… bis ein Thread aufging. ‚TI 4ed in Dresden‘, eröffnet durch Chris, den in der Community jede*r kennen dürfte. Gespannt verfolgte ich die Nachrichten, etwas neidisch, da ich zuerst gar nicht in Betracht zog, angesprochen zu sein. Immerhin ist es TI4, da kannst du nicht so eben als Neuling mal sagen ‚Ja klar, mach ich mit‘. Du würdest den erfahrenen Spieler*innen ja komplett den Tag vermiesen, und überhaupt meint Chris sicher nur Leute, die wissen, was zu tun ist. Der Thread füllte sich mit Interessenten und irgendwann ploppte eine Umfrage auf. ‚Jetzt frag endlich, ob Neulinge auch mitmachen dürfen‘ sagte mein innerer Smeagol, äh meine innere Stimme, und da ich generell gute Erfahrungen mit ihr gemacht habe, gab ich nach, fragte und stimmte für ein Datum ab. Der Ausgang dürfte durch diesen Post ja klar sein 😉.

Eine ähnliche Spielübersicht wie zuvor, nur mit mehr Details und kleinerem Ausschnitt
Meine Strategie – schwach wirken, um Mitleid zu erregen – die orangefarbenen Minis wirken noch recht überschaubar. © Micha (YBG)

‚Politik‘ das Brettspiel

Okay, zum Punkt: wie also war diese Erfahrung jetzt für einen ‚Neuling‘?

Es war... GROSSARTIG. Wahrscheinlich half der Fakt, dass neben mir noch zwei weitere Mitspielende ihre Erstpartie bestritten, was grundsätzlich etwas innere Anspannung wegnahm. Außerdem hatte ich viele Videos zur Vorbereitung geschaut – Regelvideos, Tierlisten zu den Fraktionen, was sind die jeweiligen Stärken/Schwächen der Fraktionen und was meine Fraktion genau kann. Diese war dank eines Milty-Drafts (zu dem ich mich natürlich auch etwas im Vorfeld belesen hatte) bereits bekannt, was die Vorbereitung etwas leichter machte. Wer sich jetzt denkt ‚Was bitte ist ein Milty-Draft‘ – jap. Genau so ging es mir auch. Ganz grob beschrieben draften wir hier im Vorfeld des Spiels unsere Fraktionen, unsere Sitzreihenfolge und unsere Startpunkte in der Galaxy. Für einen Neuling wie mich war das nahezu unmöglich "‚gut‘ zu machen", aber für die Ersterfahrung auch nicht ganz so entscheidend. Für erfahrene Spieler*innen, kann ich mir vorstellen, ist bereits der Draft ‘ne richtig spannende Angelegenheit. Jedenfalls hat der Draft und die Vorbereitung aufs Spiel selbst schon ordentlich dazu beigetragen, die Vorfreude ins Unermessliche zu steigern, und als es dann endlich losging, wurde vieles von meiner Erwartung noch übertroffen.

TI4 ist ein politisches Spiel mit schier endlosen Möglichkeiten. Dabei ist es mechanisch gesehen doch recht ‚schlank‘. Wir spielen in vier Phasen, wobei die umfangreichste Phase die ‚Aktionsphase‘ ist, in der wir Planeten entdecken, Einheiten produzieren, Technologien entwickeln uvm. – immer auf der Suche nach Ressourcen und Einfluss, aber auch immer darauf bedacht, unsere Nachbar*innen nicht gegen uns aufzubringen. Während dieser Phase wird auch viel kommuniziert, was ich geliebt habe. ‚Wenn du mir X versprichst, mach ich Y‘, immer mit der Gefahr, dass diese Absprachen später nichts mehr wert sind. ‚Achso, du willst gern dort hin? Für 2 Handelswaren lass ich dich gern einfach durch‘. Das Spiel fühlt sich ultimativ an wie Politik. Im Kopf kreisen ständig die Gedanken nach den eigenen Zielen und, wie ich diese am besten erreiche. Muss ich wirklich kämpfen oder kann ich das diplomatisch lösen? Ich plane anzugreifen, aber will das natürlich so lange wie möglich verschleiern. Eventuell lenke ich die Aufmerksamkeit auf andere Probleme...

Das Ziel des Ganzen sind Siegpunkte, in unserem Fall 10 an der Zahl (es gibt wohl eine 14-Punkte-Variante, aber ehrlicherweise empfinde ich kein Verlangen diese je zu spielen, es sei denn, irgendwer überzeugt mich, dass diese der eigentliche Heilige Gral ist 😜) und diese erreichen wir durch die Erfüllung von Aufträgen, die in der Statusphase gewertet werden. Dabei darf jede*r immer nur einen öffentlichen und einen geheimen Auftrag werten, insgesamt aber nur drei geheime Aufträge im Verlaufe des Spiels. Außerdem gibt es einen zentralen Planeten, genannt Mecatol Rex, der dem/der ersten Entdeckenden einen Siegpunkt bringt und in Folge durch die Wahl einer bestimmten Taktik in der Taktikphase auch dem/der Kontrollierenden Punkte bringen kann. Auch in unserer Runde war daher der Kampf um Mecatol Rex durchaus zentraler Bestandteil, der einiges an Feuer in die Partie brachte. Die Erstentdeckung von Mecatol Rex triggert im weiteren Spielverlauf dann auch die 4. Phase, die sog. Agendaphase, in der wir als Spieler*in in einem Rat zusammenkommen und mit Hilfe unseres gewonnenen Einflusses über Gesetze abstimmen. Richtig gehört: Gesetze ⚖️. Als wäre das Spiel bis dahin nicht politisch genug gewesen, gibt es quasi noch eine galaktische UNO.

 

Ein bleibender erster Eindruck

Diese Kombination aus Absprachen und Kämpfen, aus Vertrauen und Mistrauen, aus Angst und Zuversicht ist es, was die Spielerfahrung so reich macht. Es ist nicht nur das mechanische ‚Ich produziere hier X Einheiten und bewege mich dorthin‘ oder ‚Ich gebe dir 4 Waren für eine Waffenruhe‘, auch wenn das ein großer Bestandteil des Spiels ist. Es kam mir durch den konstanten Tabletalk nicht sonderlich mechanisch vor. Vielmehr schaffte es das Spiel, mich in diese Welt zu saugen und tatsächlich Anführer eines Volkes zu sein, das nach Erfolg strebt und gewisse Ziele verfolgt. Anekdotisch gipfelte das für mich darin, als ich es endlich schaffte, Mecatol Rex einzunehmen, die Heimat meiner Fraktion. ‚WIR SIND ENDLICH ZU HAUSE‘ schrie ich nicht nur für den humoristischen Wert am Tisch (und ich schrie, weil es das Ergebnis einer epischen Raumschlacht war), ich schrie es, weil es sich wirklich so anfühlte. Alles, was ich bis dahin tat – es waren zu diesem Zeitpunkt bestimmt schon 8 Stunden gespielt – war darauf ausgelegt, irgendwann Mecatol Rex einzunehmen. Und als das gelang, in meiner ersten Partie überhaupt, war das ein großartiges Gefühl.

Die sechs Spieler des Abends
Die Gang und ich (der zweite von rechts), ein gutes Zeichen wenn nach 10 Stunden noch alle lächeln. © Carsten (YBG)

Was also bleibt als Fazit festzuhalten, nach gut zehn Stunden TI4 (mit gelegentlichen Pausen zum Essen)? Traut euch, wenn sich die Chance bietet, mitzuspielen! Wie gesagt, ist das Spiel mechanisch gesehen gar nicht mal so komplex, wenn die ersten Schritte im Brettspielhobby bereits gemacht sind. Wer sich mit Kenner*innen wohlfühlt, sollte regeltechnisch hier keine Schwierigkeiten bekommen. Für mich war es nochmal eine ganz neue Erfahrung nach jetzt gut zwei Jahren im Hobby – eine extrem positive sogar. Klar halfen fünf sehr sympathische Mitspielende – aus tiefstem Herzen ‚DANKE‘, solltet ihr das lesen! Auch ein riesiges Extradanke an Chris, der als Host einfach alles tadellos vor- und nachbereitet hat, von der Bereitstellung von Infomaterial zum Draft, über das Posten eines Regelvideos inklusive dem Angebot, bei Fragen eher zu kommen bis hin zum Auf- und Abbau des Spiels und zum immer wieder geduldigen Klären bei Regelfragen (wer selber in der Position war, weiß vielleicht, wie schwierig es sein kann, sich gleichzeitig auf sein Spiel zu fokussieren und für alle die Ansprechperson bei Fragen zu sein, die in diesem Spiel bei Neulingen quasi minütlich aufkommen und natürlich auch direkt beantwortet werden müssen).

Auf diese Partie werden hoffentlich immer mal wieder welche folgen, denn so viel Spaß es auch gemacht hat, gibt es einfach noch so viel zu lernen und auszuprobieren, dass eine Erstpartie nicht mal annähernd für eine volle Erfahrung reicht. In diesem Sinne halte ich es mit den Worten von Mario, knapp vierzehn Stunden nach Ende seiner ersten Partie: ‚So, wann nächste Runde?‘


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Euer Micha!

 

 


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